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Heizung

Fragen und Antworten zum Hydraulischen Abgleich

Donnerstag, 26.11.2020

Edgar Zacharias, Vertriebsingenieur bei PAW, erklärt warum die Maßnahme so wichtig ist und welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen.

Ein Mann steht vor einer Heizungsanlage.
Quelle: PAW
Gerade bei Heizungsanlagen mit mehreren Strängen ist ein hydraulischer Abgleich unumgänglich.

Wie wichtig ist in Ihren Augen der hydraulische Abgleich?

Der hydraulische Abgleich ist absolut wichtig und in meinen Augen auch bei jedem hydraulischen Heizsystem zwingend notwendig. Glaubt man dem Gesetzgeber, so ist dieser sogar verbindlich vorgeschrieben. Denn erst mit der Einregulierung kann ich sicherstellen, dass die Energie, die für die Erwärmung der Räume zur Verfügung steht, auch optimal genutzt werden kann, was sich wiederum positiv auf die Ökobilanz auswirkt. Letztendlich darf ich bei all der energetischen Betrachtung auch den oder die Bewohner/in nicht außen vorlassen. Im Optimalfall sollen sich alle Räume gleichmäßig erwärmen und dadurch ein effizienter Wohnkomfort einstellen. Um dieses Ziel zuverlässig zu erreichen, komme ich um einen hydraulischen Abgleich nicht umhin.

Die Wichtigkeit scheint im Markt allerdings noch nicht angekommen zu sein. Woran liegt das? Ist die Durchführung für den Handwerker nicht attraktiv genug?

Man hat das Gefühl, dass der hydraulische Abgleich für manche ein Buch mit sieben Siegeln ist. Laut offiziellen Schätzungen sind 80 – 90 Prozent der Heizungssysteme in deutschen Haushalten nicht abgeglichen. Eine Bilanz, die sich ändern muss. Praktisch hat diese Diskrepanz zweierlei Ursachen. Einerseits kann die "wir-haben-das-schon-immer-so-gemacht"-Mentalität vereinzelter Betriebe dazu führen, dass der hydraulische Abgleich nicht angeboten wird. Das hat zum Teil mit Berührungsängsten zu tun. Denn auch wenn die angehenden Anlagenmechaniker dieses Thema mittlerweile in der Berufsschule vermittelt bekommen – hier hat sich glücklicherweise einiges zum Positiven entwickelt – so ist das noch keine Garantie dafür, dass die späteren Gesellen ihr Fachwissen anwenden können, wenn ihr Betrieb diese Leistung nicht mit anbietet.

Andererseits gibt es auch einen praktischen und in gewisser Weise verständlichen Grund, warum der hydraulische Abgleich nicht durchgeführt wird. Für den Installateur zählt natürlich jede Minute. Gerade in der aktuellen Situation, in der die Auftragsbücher voll sind. Wenn die Firma zu lange für eine Baustelle benötigt, dann verliert sie bares Geld. Um den Abgleich fach- und normgerecht durchzuführen und des Weiteren die maximale Energieeinsparung zu erzielen, ist ein nicht unerheblicher dokumentarischer Aufwand zu leisten. Im Vorfeld müssen, wenn nicht vom Planer zur Verfügung gestellt, die Heizlasten aller Räume berechnet werden. Dann erfolgt die Datenaufnahme – Geschoss, Raum, Heizkörpernummer/-art etc. – die Volumenstromberechnung, die tatsächliche Voreinstellung der Heizkörperventile und die Anpassung der Förderpumpe. Zu guter Letzt muss der gesamte Abgleich zu einem Bericht zusammengefasst werden, um diesen dem Förderantrag beilegen zu können. Eine solche handschriftliche Methode, die zeitlich sehr aufwendig ist, kann sich kein Installateur leisten.

Doch glücklicherweise muss heute kein Heizungsbauer mehr diesen aufwendigen Weg gehen. Denn fast alle Anbieter von Komponenten für den hydraulischen Abgleich, bieten Software oder Apps an, womit der Installateur die o.g. Schritte in einem Bruchteil der Zeit erledigen kann. Und genau hier wird es attraktiv für den Handwerker, denn mithilfe einer App kann er diese Dienstleistung immer "mitverkaufen". Kein Bauherr wird diese ablehnen, bei der Möglichkeit der Energieeinsparung und darüber hinaus einer Förderung.

Da spielt die Digitalisierung den Fachhandwerkern in die Karten. Doch wann sollte der hydraulische Abgleich durchgeführt werden? Welche Richtlinien existieren im Bereich Neu- und Altbau? Können Sie uns das einmal aufschlüsseln?

Ein Abgleich des hydraulischen Heizungssystems ist per se sinnvoll. Im Neubau komme ich erst gar nicht um den Abgleich herum. Hier greifen die EnEV und die VOB/C, die Maßnahmen für den hydraulischen Abgleich fordern und laut DIN 4701 bzw. DIN 18380 festgelegt sind. Diese gelten übrigens auch wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart wurden. Die Einregulierung gehört zur vollständigen Leistung und muss damit auch im Ausschreibungstext enthalten sein.

Im Sanierungsfall sollte ich diesen genauso einplanen, denn gerade bei Altanlagen lassen sich sehr hohe Energieeinsparungen erzielen. Im Altbau kann ich davon ausgehen, dass ich fast nie den ursprünglichen Bauzustand der Heizungsanlage vorfinde. Es sind vielleicht ein Badheizkörper, ein nachträglich installierter Heizkörper im Keller oder vielleicht sogar ein Anbau dazugekommen. All diese Dinge führen dazu, dass sich meine hydraulische Kennlinie völlig verändert hat und eventuell einige Heizkörper kaum noch warm werden, während andere sich wahnsinnig schnell aufheizen oder Geräusche verursachen.

Doch auch rechtlich bin ich als Fachhandwerker mit dem hydraulischen Abgleich auf der sicheren Seite, denn dieser gehört zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik und kann aus diesem Grund auch bei einem "reinen Heizkesseltausch" nicht weggelassen werden. Andernfalls haftet der Installateur-Betrieb, wenn es zu Mängeln, verursacht durch den fehlenden hydraulischen Abgleich, kommt.

Ein guter Hinweis. Doch auch der Hausbesitzer ist bei dem Thema oft skeptisch. Welche Einsparung kann durch die Einregulierung erzielt werden? Gibt es dazu Daumenwerte, die der Installateur dem Bauherrn mitteilen kann?

Dadurch, dass mit dem hydraulischen Abgleich nur noch die Wärme zu den jeweiligen Heizkörpern gelangt, die auch benötigt wird, verbraucht der Heizkessel weniger Brennstoff. Außerdem unterstützt eine moderne Hocheffizienzpumpe den Abgleich und reduziert die Stromkosten. Bei dieser Optimierung der Heizungsanlage sinkt der Energieverbrauch um bis zu 15 Prozent. Als Leitsatz kann man annehmen, dass man ca. ein bis zwei Euro pro Quadratmeter einsparen kann, je nachdem welchen Ausgangszustand ich vorfinde. Als Beispiel macht das also 150 – 300 Euro weniger pro Jahr bei einem Haus mit 150 m² Wohnfläche.

Solche Zahlen sprechen für die Maßnahme. Doch sicherlich ist das nicht alles. Förderungen können doch sicherlich ebenfalls Anreiz zum Handeln geben. Werden derzeit Programme angeboten, die die Durchführung attraktiver machen?

Die verfügbaren Förderungen sind nach wie vor sehr attraktiv und teilweise sind sie seit diesem Jahr sogar noch lukrativer. Die KfW beispielsweise hat die Förderungen für ein Effizienzhaus auf 20 Prozent angehoben. Das heißt, dass ich im Sanierungsfall mit einer Dämmung der Gebäudehülle, einem Kesseltausch und einer solarthermischen Anlage schon oft den Effizienzhaus-Standard erreiche. Auch hier ist selbstverständlich der hydraulische Abgleich unumgänglich. Belohnt werde ich zusätzlich mit einer 20-prozentigen Beteiligung der Bundesregierung an den Gesamtkosten.

Die BAFA bietet eine "Förderung der Heizungsoptimierung durch hocheffiziente Pumpen und hydraulischen Abgleich" an – so heißt es in der entsprechenden Förderrichtlinie. Beide Maßnahmen, der Pumpentausch und der Abgleich, können unabhängig oder kombiniert vorgenommen werden. Zusätzlich lassen sich weitere Bauteile bezuschussen, wie beispielsweise Einzelraumtemperaturregler, programmierbare Thermostate und was fast immer anfällt, wenn nicht vorhanden, voreinstellbare Thermostatventile. Die BAFA beteiligt sich mit 30 Prozent an diesen Kosten.

Noch eine Info für das kommende Jahr: Eine Neuerung der Förder- und Antragskonditionen bahnt sich ab 2021 an. Alle bestehenden Förderprogramme für energetische Sanierung der KfW und BAFA sollen in der sogenannten Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gebündelt und beantragt werden. So sollen Förderungen noch transparenter und vor allem aus "einer Hand" kommen.

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