Klima / Lüftung

Lüftungsanlagen dringend empfohlen

Mittwoch, 16.12.2020

Passivhaus Institut zur Lüftung in Schulen – Lüftungsanlagen bieten große Vorteile.

Das Bild zeigt am linken Rand eine Gesichtshälfte eines Schülers mit Mund-Nase-Maske, im Hintergrund Tische und Stühle.
Quelle: Pixabay
In Deutschland gibt es insgesamt 47.000 allgemeinbildende und berufsbildende Schulen. Allen Klassenräumen muss dabei regelmäßig Frischluft zugeführt werden, um das Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus zu reduzieren. Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, wie sie auch in Passivhaus-Schulen installiert sind, bedeuten dabei große Vorteile für Schüler und Lehrer.

Mit der kalten Jahreszeit richtet sich der Blick vermehrt auf die Schulen und die Frage, wie das Risiko einer Ansteckung mit dem Virus Sars-CoV-2 in Klassenräumen reduziert werden kann. Das Umweltbundesamt (UBA) empfiehlt einen regelmäßigen und häufigen Luftaustausch in den Klassen: An Schulen, die nicht über eine Lüftungsanlage verfügen, soll dieser Luftaustausch durch die Fensterlüftung realisiert werden. Von mobilen Luftreinigungsgeräten als Ersatz für die Lüftung mit Frischluft rät das Umweltbundesamt explizit ab: Die mobilen Geräte sollen lediglich als Ergänzung zum aktiven Lüften eingesetzt werden. Das Passivhaus Institut schließt sich dieser Empfehlung an und weist auf die Vorteile einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung hin.

Wegen des geringen Luftvolumens im Verhältnis zur hohen Personenzahl im Klassenraum, so das Umweltbundesamt in einer aktuellen Veröffentlichung, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass infektiöse Partikel höhere Konzentrationen annehmen: „Da die allermeisten Schulen in Deutschland keine zentralen Lüftungsanlagen haben, ist das Lüften über die Fenster die beste und oft die einzige Möglichkeit, frische Luft ins Klassenzimmer zu bekommen“, erklärt das UBA.

Infektiöse Partikel abführen

In der kalten Jahreszeit sollen die Räume laut Empfehlung des UBA alle 20 Minuten für 3 bis 5 Minuten gelüftet werden, im Sommer für 10 bis 20 Minuten. Durch das Lüften werden nicht nur infektiöse Partikel nach außen abgeführt, sondern u.a. auch Feuchtigkeit, Feinstaub und Kohlendioxid (CO₂).

Luftreiniger kein Ersatz fürs Lüften

Mobile Luftreiniger hingegen, so das UBA weiter, seien in der Regel nicht in der Lage, die Innenraumluft schnell und zuverlässig von Viren zu befreien, insbesondere nicht in dicht belegten Klassenräumen. Zudem könnten sie weder CO₂ noch Luftfeuchte abführen. Daher seien mobile Luftreinigungsgeräte allenfalls als Ergänzung zum aktiven Lüften geeignet. Und weiter: Können Räume nicht gelüftet werden, sind sie aus Sicht des UBA nicht für den Unterricht geeignet.

Luftreiniger nur Ergänzung

Das Passivhaus Institut schließt sich der Auffassung des UBA an und weist gleichzeitig auf die Vorteile einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung hin. In Gebäuden, die nicht über eine Lüftungsanlage mit ausreichend frischer Zuluft verfügen, sei dann die Lüftung über die Fenster die einzige Alternative, so das Darmstädter Institut. Mobile Umluft-Geräte, betont auch Prof. Wolfgang Feist, seien keine Alternative zum Lüften mit Frischluft. Als Ergänzung könnten die Umluft-Reiniger die Ansteckungsgefahr zwar durchaus weiter senken, da sie Schwebestoffe reduzierten, die infektiöse Viren transportieren können. Dafür müssten die Umluft-Geräte jedoch mit einem HEPA-Filter ausgerüstet sein. Deren Wechsel und Entsorgung erfordere geschultes Personal mit persönlicher Schutzausrüstung.

Luftreiniger führen keine Frischluft zu“

Zudem machten Umluft-Geräte das Lüften nicht überflüssig: „Auch mit einem mobilen Umluft-Gerät im Klassenraum muss weiterhin ordentlich gelüftet werden. Die Luftreiniger wälzen die Luft lediglich um, sie führen aber keine Frischluft von außen zu. Nicht alle Belastungen im Raum bleiben im Filter solcher Luftreiniger hängen, dazu zählen auch CO₂ und Radon“, betont Prof. Wolfgang Feist. Der Gründer des Passivhaus Instituts entwickelte das Passivhaus-Konzept und baute vor 30 Jahren zusammen mit seiner Familie das weltweit erste Passivhaus in Darmstadt. Seitdem beschäftigt er sich mit der Luftqualität und Hygiene von Lüftungsanlagen.

Das Bild zeigt Wolfgang Feist.
Quelle: Peter Cook
Prof. Wolfgang Feist, Gründer des Passivhaus Instituts, beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Luftqualität und Hygiene von Lüftungsanlagen.

Lüftungsanlagen vermindern Risiko

In Schulen, die mit einer gesteuerten Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ausgestattet sind, darunter auch in Schulen im Passivhaus-Standard, sei das Ansteckungsrisiko automatisch vermindert, so Feist: „Durch die vom Passivhaus Institut empfohlenen hochwertigen Frischluftfilter in diesen Lüftungsanlagen wird die Gefahr durch Stäube und Aerosole stark verringert“, erklärt er. Zudem sorge die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung für eine stetige Zufuhr von ausschließlich frischer Außenluft. Gleichzeitig werde die Wärme der Abluft genutzt, um diese frische Luft vorzuwärmen. Unangenehme Zugluft könne dadurch gar nicht erst entstehen.

Lüftungsanlagen machen es leicht

„Um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren, muss in Passivhaus-Schulen lediglich der Luftwechsel der Lüftungsanlage so weit wie möglich erhöht werden. Damit ist dann mindestens der Effekt erreicht, den Schulen ohne Lüftungsanlage durch vermehrtes Fensterlüften inklusive Unterrichtsunterbrechung und Temperaturabfall erzielen“, erläutert Dr. Berthold Kaufmann. Der wissenschaftliche Mitarbeiter des Passivhaus Instituts ist Vater schulpflichtiger Kinder und kennt die Situation an den Schulen. Die nun häufiger angeschafften mobilen Luftreinigungsgeräte, so Kaufmann, wiegten Lehrer, Schüler und Eltern in falscher Sicherheit, da sie allein das Ansteckungsrisiko nicht deutlich reduzierten.

Das Bild zeigt einen Klassenraum.
Quelle: Passivhaus Institut
Ziehenschule in Frankfurt/Main: Die Passivhaus-Schule kann durch ihre Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung auf das vom Umweltbundesamt empfohlene vermehrte Stoßlüften verzichten. Die Lüftungsanlage sorgt automatisch für frische Luft.

Nachrüstung sinnvoll

Professor Rainer Pfluger von der Universität Innsbruck arbeitet eng mit dem Passivhaus Institut zusammen. Er sieht ebenso wie das Darmstädter Institut eine Nachrüstung der Schulen mit dezentralen Lüftungsanlagen als sinnvoll an. „Es gibt Lösungen, bei denen die Rohre für die Außenluft und die Fortluft durch einen mit einem Paneel besetzten Fensterflügel geführt werden. Dadurch entfallen zwei Bohrungen durch die Außenwand“, so Pfluger. Unabhängig davon, ob Schulen mit einer Lüftungsanlage ausgestattet sind, über die Fenster lüften und eventuell über einen mobilen Raumluftreiniger verfügen ist laut Passivhaus Institut das Tragen von Masken weiterhin unverzichtbar. Durch die Masken werde die Gefahr durch größere Tröpfchen, die hohe Viruslasten enthalten und die andere Personen direkt treffen können, reduziert.

Luftbefeuchtung diskutieren

Auf einen weiteren wichtigen Aspekt weist das Passivhaus Institut hin: Im Winter wird die Raumluft beim Lüften mit kalter und daher trockener Außenluft verdünnt, dadurch entsteht trockene Innenraumluft. Durch vermehrtes Lüften, so das Passivhaus Institut, verlange das Problem geringerer Luftfeuchtigkeit mehr Aufmerksamkeit. Das betreffe alle Klassenräume, egal ob diesen per Fensterlüftung oder per Lüftungsanlage vermehrt frische Luft zugeführt werde. Lüftungsgeräte mit Feuchterückgewinnung schafften bereits Erleichterung, so das Darmstädter Institut. Doch auch Luftbefeuchtung könne gerade in Zeiten von Covid-19 wesentlich für den Betrieb von Schulen im Winter sein. Das sei bisher nicht ausreichend diskutiert worden.

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